Folge Deinem Herzen. Aber nimm Dein Hirn mit.
„Ach, das ist ja toll! Das würde ich auch gern machen!“ Eine typische Reaktion, wenn wir davon erzählen, dass wir Ende 2020 unser Haus verkauft haben und jetzt einen LKW zum Expeditionsmobil umbauen, in das wir in ca. drei Jahren einziehen und um die Welt tingeln werden … Ganz am Anfang haben wir immer noch die Gegenfrage gestellt „Warum machst Du es dann nicht?“ Aber das haben wir aufgegeben. Denn es kommen selten Antworten mit echter Substanz. Das klingt hart und arrogant, entspricht aber leider der Realität.
Selten sagt jemand „Das würde ich auch gern machen, ich traue mich aber nicht noch einmal von vorne anzufangen.“ Oder „Das Risiko ist mir zu hoch.“ Oder „Meine bessere Hälfte macht da garantiert nicht mit.“ Oder „Das ist nix für mich. Ich bin zufrieden, mit dem was ich habe.“ Viel häufiger hören wir „Das kann ich mir nicht leisten.“ Oder „Ja, bei Euch ist das was anderes. In meinem Job geht das nicht.“ Wo der Unterschied ist? In unserer Welt sind das eine echte Gründe und das andere sind vorgeschobene Gründe, um sich nicht wirklich damit auseinandersetzen zu müssen, dass man seine Träume schon vor sehr langer Zeit begraben hat.
Natürlich ist das absolut verständlich. Denn hey, natürlich müssen wir alle von irgendwas leben. Außerdem ist es auch nicht so einfach, mal eben alles, was man sich ein Leben lang aufgebaut hat wieder hinter sich zu lassen. Wir haben uns auch 20 Jahre für unser Haus krumm gelegt und jede Menge Arbeit und Sorgen in die Hütte gesteckt. Und ja, wir haben viele sehr schöne Zeiten dort verbracht. Aber, und jetzt kommt es, die haben wir ja nicht mit verkauft. Die schönen Zeiten und Erinnerungen kleben in Wirklichkeit nicht an den Steinen, Ziegeln und Beeteinfassungen. Sie sind in unseren Köpfen und Herzen.
Gehabt zu haben, befreit vom Habenwollen
Im Jahr 2000, bevor wir unser Haus kauften, ist unsere damalige Wohnung mit Stumpf und Stiel abgebrannt. Es war nichts, aber auch gar nichts mehr übrig. Der Schmuck, den ich von meiner Oma und meiner Mama geerbt hatte. Lars Erinnerungen an seinen Bundeswehreinsatz in Bosnien. Alle Fotoalben, Papiere und und und: Alles weg. Innerhalb weniger Minuten den Flammen zum Opfer gefallen. Eine Erfahrung, die wir sicher nicht noch einmal machen wollen und die wir auch nicht weiter empfehlen, obwohl sie uns einige wichtige Erkenntnisse gebracht hat. Unter anderem die zuvor beschriebene: Erinnerungen sind keine Gegenstände. Gegenstände helfen, keine Frage. Aber wichtig sind sie nicht. Wichtig ist, dass wir uns von Zeit zu Zeit Zeit nehmen, um in Erinnerungen zu schwelgen.
Eine weitere wichtige Erkenntnis, die wir irgendwie in dieser Zeit gewonnen haben ist: Besitz besitzt. Okay, das haben wir mit dem Kauf unseres Hauses dann schnell wieder verdrängt, denn so ein Haus, vor allem wenn es alt ist, besitzt Du nicht nur. Es besitzt auch Dich. Egal, ob Du „nur“ Geld reinsteckst oder auch direkt Deiner Hände Arbeit: Du bist ab dem Kaufzeitpunkt für das Haus da … Das macht selbstverständlich auch jede Menge Freude. Schließlich entsteht etwas, was Du in irgendeiner Form erschaffst. Das ist sehr befriedigend. Aber es kann halt auch stressig werden. Vor allem dann, wenn Du, so wie wir, feststellst, dass die Arbeit und die Verantwortung auf einmal die Freude auffrisst. Wenn Du, wie wir, schon mal vollkommen ohne Besitz dagestanden hast, dann weist Du aus Erfahrung, dass das gar nicht so schlimm ist. Im Gegenteil, es ist sogar sehr entspannt, denn Du musst keinen Besitz erhalten und pflegen.
Achtung: Ja, dass ist eine sehr priviligierte Sichtweise. Denn, um diese zu erlangen braucht es unserer Meinung nach zuerst die Möglichkeit, überhaupt Besitz erlangen zu können. Naomi Campbell soll mal gesagt haben, dass Geld nicht glücklich macht, dies aber nur reichen Leuten klar wäre. Oder etwas philosophischer „Gehabt zu haben, befreit vom Haben wollen.“ Und so ging es uns. Wir mussten das Hausbesitzerspiel erstmal eine Zeit lang spielen. Am Anfang hat es Spaß gemacht und dann eben irgendwann nicht mehr.
Hier schließt sich nun der Kreis zum Anfang: Wenn Du wirklich zufrieden mit dem Lebensmodell bist, welches Du gerade lebst, dann ist das doch super! Dann sag das auf jeden Fall so. Auch wenn so durchgedrehte Alte wie wir um die Ecke biegen. Jeder Jeck ist anders. Aber wenn Du auch nur den leisesten Zweifel an Deinem aktuellen Lebensentwurf hast, dann ignorier bzw. argumentiere das nicht weg. Schau noch einmal genauer hin. Wir dachten ja auch nicht, dass wir unser Leben umkrempeln könnten. Und so einfach war bzw. ist es für uns auch nicht unseren Lebensunterhalt in ein paar Jahren hoffentlich komplett als digitale Nomad*innen bestreiten zu können.
Die Frage ist doch, wenn es irgendwann mal zu Ende ist, und das wird es früher oder später sein, hast Du dann noch Herzenswünsche offen? Oder schaust Du zurück und musst lächeln? Das heißt nicht, dass Du Dein Hirn ausschalten sollst. Im Gegenteil, denn das wirst Du brauchen, um alles zu durchdenken und zu planen.
Und genau damit soll es demnächst weiter gehen. Mit den ersten finanziellen Planungen:
- Was kostet das Leben „on-the-road“?
- Wie wollen wir das finanzieren?
Wenn Du Fragen oder Themenwünsche rund um unser Projekt und unsere Tripps hast, schick sie uns gern. Wir schauen, dass wir dann dazu einen Artikel schreiben.
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